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Maximilian R. Schlechtinger

Eine Maske

Der Regen peitschte, sein Mantel wehte im Wind. Das Wetter war derart ungemütlich, dass die meisten Menschen sich irgendwo drinnen aufhielten. Die wenigen, die draußen waren hasteten umher, so auch Lanigan. Er blieb vor dem Molly’s Grave stehen. Nachmittags war hier normalerweise nichts los, doch bei diesem Wetter war es voll.Als Lanigan den Pub betrat schlug ihm eine Luft nach vielen Menschen entgegen. Es war warm und trocken, der Regen blieb draußen. Lanigan erkannte  ihn nicht sofort, er saß rechts in der Ecke, mit dem Rücken zur Wand und an seiner linken Seite das Fenster. Er hatte ihn die ganze Zeit kommen sehen, dachte Lanigan. Er  zog seinen Mantel aus und hängte ihn an die Gaderobe. Während er näher kam, sah er, dass der andere so umsichtig gewesen war und ihnen beiden Tee bestellt hatte. Lanigan setzte sich.“Guten  Tag“, sagte er.“Guten Tag“, sagte der andere, „grässliches Wetter heute, oder?“Sie kamen ins Gespräch und redeten über dies und das.Nach mehreren Tassen Tee und fast einer Stunde schlug der andere ein anderes Thema an.“Haben Sie Lust ein klein wenig zu philosophieren?“, fragte er Lanigan. „Sicher“, antwortete er.“Okay, folgendes Problem..“, begann er, „Mal angenommen es gäbe eine Gesellschaft in der die Menschen einander nicht vertrauen. Eine Gesellschaft die davon lebt, das jeder sein echtes Leben aufgibt. Jeder tut was er kann, nur um effizienter zu sein. Alles was man tut ist per se zu langsam und zu schlecht.Wenn diese Menschen nach ihrer Arbeit nach Hause kommen bleiben sie für sich. Sie isolieren sich vor Talkshows und sozialen Netzwerken.Im Netz sind sie alle Freunde, auf der Straße grüßen sie nicht. Und wissen sie warum?Sie kennen sich nicht, weder ihre Nachbarn, noch alle ihre Kollegen.Sie reden mit Leuten aus den USA und  Südafrika über die Probleme der Welt.Diese Leute, wissen nicht mehr was Geselligkeit bedeutet, ihre Gesprächskultur geht verloren.““Wie kann so etwas passieren?““ Ganz einfach. Man gibt ihnen in der Gesellschaft das Gefühl nicht alleine zu sein. Sie sind so einfach zu manipulieren, das ist der Wahnsinn. „“Wie dass?““Naja, stellen sie sich hypothetisch vor sie interessieren sich für altnordische Jagdtechniken““Ja…“ Lanigan war etwas verwirrt, folgte aber dem gedanklichen Pfad seines Gegenübers.“Gut, aber sie wissen ziemlich sicher, das unter ihren Freunden niemand das Hobby teilen wird. Vielleicht ist ihre Freundin Vegetarierin und wäre zuerst strickt dagegen. Dennoch möchten sie mit Menschen in Kontakt treten. Was würden sie tun?““Googlen““Jackpot. Sie würden vielleicht ein Forum finden, oder eine Gruppe in einem sozialen Netzwerk. Dort könnten sie sich ungeachtet ihrer Freunde und ihrer Freundin über das Thema auslassen. Vor ihrem Rechner sitzen sie allein, hinter dem Bildschirm sind  sie eine Gruppe. Gruppensoziologie ist hier gängige Anwendungspraxis.““Was möchten sie mir damit sagen““Passen Sie auf. Sie würden wahrscheinlich nicht unter ihrem bürgerlichen Namen an der Diskussion teilnehmen, sondern ein Pseudonym verwenden, oder?““Sicher, ganz dumm bin ich ja auch nicht“  „Sie verschleiern sich damit nur. Sie geben sich eine Maske.“Wie muss ich das verstehen?““Kenne Sie die Statue mit der Maske, von Vabrix unten im Fiddler’s Green““Ähm ja…““Wissen sie, was auf dem Sockel steht?““Give me a mask, and  I’ll tell you the truth, oder?““Genau, und da haben sie die Antwort. Es ist ein Zitat des irischen Schriftstellers Oscar Wilde, ein wenig abgewandelt, damit es passt. Vabrix wollte damit auf seine Weise die Kritik an der Gesellschaft zum Ausdruck bringen. Sie wissen doch wann Vabrix Am’thyst gelebt hat, oder?““Helfen Sie mir auf die Sprünge.““Ungefähr 600 Jahre vor uns. Sehen sie,  selbst damals sah er sich gezwungen diese Kritik anzubringen, auch wenn die Zeiten anders waren, ich weiß. Was ich sagen möchte ist, wir sollten uns darauf besinnen, wer wir sind und als selbstbewusste, kritikfeste Mensch auftreten.“Ja, ich denke schon“, Lanigan war ein wenig geplättet von dieser rasanten Lehrstunde in Sachen Gesellschaft.Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass er auch bald wieder gehen musste. Auch das Wetter war ein wenig besser.Er verabschiedete sich von dem anderen und trat wieder auf die Straße. Kurz überlegte er, welchen Weg er einschlagen sollte, dann beschloss er im Fiddler’s Green vorbeizugehen und sich Varbix‘ Kunstwerk anzuschauen

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