Wie Metaphern unser Leben organisieren

Meine Erste Hausarbeit

Aller Anfang ist schwer, so auch in der Universität. Dies hier beschreibt eine meiner ersten Hausarbeiten. Im Vergleich mit anderen Beiträgen dieser Seite merkt man das ganz gut. Doch von nichts, kommt eben nicht und irgendwo muss man anfangen. In meinem Fall mit Metaphern.


1. Einleitung

1.1 Einführung

Diese Arbeit befasst sich mit der Theorie von G. Lakoff und M. Johnson, die den Gebrauch von Metaphern in der Alltagssprache beschreibt. Metaphern werden oft nur dann identifiziert, wenn sie eine symbolische Bedeutung haben. Da sie sich leicht aufzeigen lassen, sind sie das Stilmittel des Deutschunterrichts überhaupt. Wir erkennen Metaphern dann, wenn ein Bild auf eine abstrakte Sache übertragen wird. Beispielsweise wenn von traurigem Regenwetter die Rede ist. Das wir geradezu ausnahmslos in Bildern denken, erkennt man an Phrasen wie „wieder auf den Beinen sein“ oder „Die Krankheit hat sie dahin gerafft“. Würden wir alles nüchtern beschreiben, so gliche unsere Sprache nicht einem Abbild der Wirklichkeit, sondern einer Abschrift, die nie die Faszination der Welt darzustellen vermag.

Diese Arbeit möchte den oft unbewussten Gebrauch von Metaphorischen Konzepten in der Alltagssprache beschreiben, so wie ihn Lakoff und Johnson untersucht haben. 

1.2 Die Autoren

George Lakoff und Mark Johnson veröffentlichten 1980 ihr Werk „Metaphors we live by“ in der University of Chicago Press. Dieser Arbeit liegt die deutsche Fassung „Leben in Metaphern“ aus dem Jahr 2008 zugrunde. 

George Lakoff

George Lakoff wurde 1941 geboren und promovierte 1966 an der Indiana State University, USA. Er lehrte Linguistik in Harvard und Berkeley. Lakoff ist beeinflusst von Noam  Chomsky, welcher ihn während des Studiums unterrichtete. Mit Chomsky liefert er sich seit den sechziger Jahren einen fachgebietsweiten Streit, über Syntax und Bedeutung, der  als „Linguistic Wars“ bezeichnet wird. Lakoff entwickelte zusammen mit Johnson eine Theorie des Denkens in Metaphern. Aufgrund der Allgegenwart der Metaphern, betitelten sie ihr Werk mit „Metaphors we live by“. Lakoff engagiert sich für die Demokratische Partei der USA und überträgt das Modell der Metaphern auf Handlungen von Politikern. Seit 2016 ist er Professor Eremitus der University of California, Berkeley.

Mark Johnson

Mark Johnson wurde 1949 in Kansas geboren. Er absolvierte 1977 sein Ph.D. in Philosophie an der University of Chicago, USA. Seit 1994 unterrichtet er an der University of Oregon und ist dort Professor of Philosophy und Knight Professor of Liberal Arts and Sciences. 1980 publizierte er mit George Lakoff „Metaphors we live by“. Seine Fachgebiete sind Embodied Cognition, Kognitionswissenschaft und Kognitive Linguistik.

1.3 Erläuterung der Fragestellung

Ist unsere Alltagssprache in großem Ausmaß und mehr als landläufig angenommen von Metaphern bzw. metaphorischen Konzepten bestimmt?

Eine Metapher ist für viele Menschen ein dekoratives Element der Sprache. Nach der Untersuchung von Lakoff und Johnson ist sie jedoch ein Denkmuster, welches in unsere Sprache eingeflochten ist. 

1.4 Die Untersuchungsmethode

Die Grundaussagen des Primärtext werden herausgearbeitet und an einigen Beispielen skizziert. Es geht um einen Überblick, um die Fragestellung mit eigenen Beispielen beantworten zu können. 

2.1 Die Metapherntheorie von Lakoff und Johnson

2.1.1 Metaphorische Konzepte

In der landläufigen Meinung sind Metaphern ein Teil der poetischen Sprache. Doch Sprache funktioniert eigentlich nur durch metaphorische Konzepte. Diese machen die Wirklichkeit kommunizierbar. Ohne sie wäre es schwer Hoch- von Niedrig-Spannung zu unterscheiden. Das verwendete metaphorische Konzept ist Mehr ist oben, weniger ist unten. Ein metaphorisches Konzept ist demnach ein Bild, welches unser Handeln konzeptualisiert. Im Folgenden ist mit dem Begriff Metapher stets ein metaphorisches Konzept gemeint.

Ein Beispiel ist die Argumentation. Sie folgt in unserer Kultur der Metapher Argumentation ist Krieg. Natürlich ist sie nicht tatsächlich Krieg, doch die Begriffe, die wir nutzen um sie zu beschreiben, stammen aus der Kriegsführung. Man kann Standpunkte „angreifen“, sich „verteidigen“, und ganz simpel gewinnen. Es wäre durchaus denkbar, eine Metapher Argumentation ist ein Tanz anzuwenden und damit das Konzept zu ändern. Es ginge dann nicht um gewinnen oder verlieren, sondern um Eloquenz und elegante Rhetorik. 

Somit ist eine Metapher an sich keine sprachliche Dekoration, sondern „das Wesen der Metapher [besteht] darin, dass wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorganges verstehen und erfahren können“ Die Sprache, die wir für alltägliche Dinge verwenden ist geprägt von Metaphern, welche uns erst ermöglichen in bestimmten Konzepten zu denken, denn „wir handeln gemäß der Weise wie wir uns Dinge vorstellen“ 

2.1.2 Empirische Grundlagen von Metaphern

Eine Metapher kann „niemals unabhängig von ihrem Ursprung in der Erfahrung verstanden werden“ Über empirische Ursprünge von Metaphern ist nur wenig bekannt, weshalb sich darüber nur spekulieren lässt. Obwohl manche metaphorischen Konzepte wie Gut ist oben und glücklich ist oben ähnlich sind, mögen sie doch sehr unterschiedlichen Ursprung haben. „Viele verschiedene OBEN-Konzepte gibt es zwar nicht; aber die Vertikalität kommt auf viele verschiedene Weisen zu unserer Erfahrung hinzu und führt so zur Entstehung vieler verschiedener Metaphern“ Im Verlauf der Argumentation beschreiben Lakoff und Johnson, dass wann immer das Wort „IST“ verwendet wird (Bsp.: Gut ist oben) eine solche Abbildung von Konzept auf Konzept stattfindet. Bei Metaphern der Vertikalität  ist das ein entscheidendes Untersuchungskriterium. Die empirische Grundlage spielt eine große Rolle bei der Überprüfung der Kohärenz von Metaphern Aus Gut ist oben folgt Bekannt ist oben. Beispiel: „Die Entscheidung hängt in der Luft“, „Eine Sache zu den Akten legen“. 

2.1.3 Arten von Metaphern

Man unterscheidet mehrere Arten von Metaphern, die von der klassischen Rhetorik abweichen. Aufgrund von Herkunft und Verankerung ergeben sich Ontologische-, Struktur-,  und Orientierungsmetaphern, aber auch Personifikationen und Metonymien. 

Ontologische Metaphern

Diese Metaphern lassen uns abstrakte Dinge als gegenständliche Dinge wahrnehmen und beschreiben. Unterschieden werden sie nach „Metaphern der Entität und der Materie“ und nach „Gefäßmetaphern“. Sie sind im Sprachgebrauch so allgegenwärtig, dass sie oft unsichtbar bleiben, doch bei näherer Betrachtung hervortreten. 

Metaphern der Entität und der Materie

Metaphern der Entität und der Materie kategorisieren die Welt, wo es uneindeutig ist. Einfach gesprochen sind dies „Sammelbegriffe“, doch wir werden sehen, dass dies es nur unzureichend beschreibt. Gemeint sind Sammelbegriffe wie „Gebirge“ für „Eine Menge von Bergen“, „Nachbarschaft“ für „Eine Menge von Häusern“, „Infrastruktur“ für „Eine Menge von Verkehrswegen“. Metaphern der Entität und der Materie erlauben es über abstrakte Dinge zu sprechen. „Wenn Dinge nicht eindeutig Einzelgebilde sind oder scharfe Grenzen haben, dann kategorisieren wir sie, als ob sie diese Eigenschaften besäßen, z.B. Gebirge, Nachbarschaft […]“ Mit Hilfe von Ontologischen Metaphern lassen sich Zielsetzungen beschreiben, wie:

Bezug nehmen

„Im politischen Geschehen Amerikas stellt die Mittelschicht eine schweigende Macht dar“.

Weder das „politische Geschehen“, noch „Die Mittelschicht“, noch „eine Macht“ sind existierende, greifbare Dinge, sondern Metaphern der Entität.

Quantifizieren

„Es wird viel Geduld brauchen, dieses Buch fertigzustellen“

Geduld ist eine Eigenschaft, welche eigentlich nicht quantifizierbar ist.

Aspekte identifizieren

„Ich kann mit dem Tempo der heutigen Zeit nicht mehr Schritt halten“

Die Geschwindigkeit der Zeit bleibt gleich, doch um das subjektive Empfinden der gegenwärtigen Hektik des Lebens zu identifizieren, bemüht man die Metapher.

Ursachen identifizieren

„Er hat das aus Zorn gemacht“

Der Zorn ist Ausdruck einer Emotion, um ihn aber als Ursache beschreiben zu können bemüht man die Metapher „etwas Aus Zorn heraus tun“; Zorn wird zur Entität.

Lakoff und Johnson erwähnen im Verlauf der Argumentation eine weitere Differenzierung, welche nur mit Hilfe von ontologischen Metaphern getätigt werden kann und die stark kulturell bedingt ist. In der westlichen Welt gibt es die beiden Konzepte Der Geist ist eine Maschine und Die Seele ist ein zerbrechliches Objekt

Der Geist ist eine Maschine
  • „Wir suchen immer noch eine Lösung, und uns rauchen schon die Köpfe“
  • „Mein Gedankengang ist heute etwas eingerostet“
  • „Wir arbeiten schon den ganzen Tag daran, und jetzt haben wir keine Kraft mehr“
Die Seele ist ein zerbrechliches Objekt
  • „Ihr Selbstwertgefühl ist sehr fragil“
  • „Er brach unter dem Kreuzverhör zusammen.“
  • „Sein Nervenkostüm war sehr dünn geworden“
Gefäß-Metaphern

Für Räume oder Häuser verwenden wir oft sogenannte Gefäßmetaphern, weshalb wir sagen, das man ins Zimmer hineingeht, oder aus dem Haus. Wie wir sehen werden gibt es eine große Zahl solcher Metaphern im Sprachgebrauch, welche ebenso oft unbemerkt bleiben.

Landflächen

Wir beschreiben Landflächen wie Gefäße, etwa: „In Hessen gibt es viel Waldgebiet“. Weiter sehen wir, dass nahezu alle Dinge, die von irgendetwas scharf oder unscharf begrenzt werden solche Gefäße darstellen. Beispiele sind Lichtungen, Wälder, oder Vorstädte. Fordert die Sprache die Präposition „in“, liegt häufig eine solche Gefäßmetapher vor.

Blickfeld

Des Weiteren fällt auf, dass unsere Sicht auf die Welt ebenso metaphorisch kontextualisert wird; nämlich durch das Blickfeld. Unbewusst sind wir uns im Klaren, dass unser Blick durch die Grenzen des Sichtfeldes begrenzt ist. Zwar erfahren wir die Welt, indem wir ständig  unsere Blickrichtung ändern, doch es ist unmöglich, alles gleichzeitig wahrzunehmen. Es bleibt ein Ausschnitt oder Blickfeld. Die Metapher Blickfelder sind Gefäße zeigt sich an den folgenden Beispielen:

  • „Das Schiff kommt allmählich in Sicht.“
  • „Ich kann ihn nicht sehen, weil der Baum im Weg ist.“
  • „Er ist jetzt außer Sichtweite.“
Ereignisse, Handlungen, Tätigkeiten und Zustände

„Ereignisse und Handlungen werden metaphorisch als Objekte konzeptualisiert, Tätigkeiten als Substanzen und Zustände als Gefäße“. Am Beispiel eines Autorennens sehen wir, das dies als (Gefäß-)Objekt gesehen werden kann.

  • „Bist Du am Sonntag im Rennen?“ (Rennen als Gefäßobjekt)
  • „Hast Du das Rennen gesehen?“ (Rennen als Objekt)

Da Tätigkeiten metaphorisch als Substanzen aufgefasst werden, betrachtet man diese gedanklich in Gefäßen, wie etwa:

  • In eine Diskussion gehen“
  • „Sich im Training befinden“

Tätigkeiten dienen als Gefäße um Energien oder Ressourcen, die mit ihnen in Verbindung stehen zusammenfassen zu können. Man kann beispielsweise sagen:

  • In der Diskussion war Durchhaltevermögen notwendig“
  • Im Training brauchen wir viele Gewichte“

Des Weiteren werden Zustände als Gefäße aufgefasst, zum Beispiel:

  • „Er ist aus dem Koma aufgewacht“
  • „Er fiel in eine tiefe Depression“
Strukturmetaphern

Die metaphorische Strukturierung einer Sache ist stets partiell. Es werden nur Teile einer Sache verwendet um eine andere zu strukturieren. Ein Beispiel dafür ist Eine Theorie ist ein Gebäude. Wir kennen Redensarten wie:

  • „Das Fundament dieser Theorie“
  • „Meine Theorie stützt sich auf  …“
  • „Diese Fakten untermauern das Ganze“
  • Doch es fällt uns schwer folgende Phrasen in dieser Metapher zu integrieren:
  • „Das Treppenhaus der Theorie war steil“
  • „Es gibt keine Fenster in seiner Argumentation“
  • „Der Gedanke hat kein Dach über dem Kopf“

Manchmal funktioniert es, die Metapher auszuschmücken. Etwa „man verläuft sich in der Argumentation“. Dort wird die Metapher durch Bildersprache erweitert. Ebenso verhält es sich mit der Sache an sich, denn eine Theorie ist nicht wirklich ein Gebäude. Es mag durchaus möglich sein, dass unsere Metapher Eine Theorie ist ein Gebäude das abstrakte Konzept „Theorie“ einschränkt, weil wir es durch gerade diese Dinge strukturieren. Möglich, das wir dadruch andere Aspekte einer Theorie unterschlagen und übersehen.

Darüber hinaus gibt es viele lexikalische Ausdrücke, die in der Sprache per Konvention festgelegt, aber manchmal von Metaphern inspiriert sind. Beispielsweise ist die Begriffsgruppe für die Elemente eines Berges, von der Erfahrung eines menschlichen Körpers inspiriert: Der FUSS des Berges, Der Bergrücken, Der GRAT des Berges, etc.

Orientierungsmetaphern

Metaphern verwenden ein Bild, um ein Konzept zu kontextualisieren. Ebenfalls, und weniger auffällig, wird manchmal eine räumliche Orientierungsmetapher verwendet, um Gegenstände zu kontextualisieren. Bei einer Orientierungsmetapher wird ein ganzes System von Konzepten in gegenseitiger Bezogenheit organisiert.Diese Metaphern sind oft an das Erleben des eigenen Körpers geknüpft und können kulturell unterschiedlich sein. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich einst unsere Sprache entwickelte, nämlich geknüpft an das, was wir erleben können:

Glücklichsein ist oben, traurig ist unten
Dies kommt von der für den Zustand typischen Körperhaltung

Wach sein ist oben, Schlafen ist unten
Menschen schlafen im Liegen und gehen aufrecht.

Gesundheit und Leben sind oben, Krankheit und Tod unten
Krankheit zwingt zum Hinlegen. Tod ist physisch unten

Macht ist oben, Macht ausgesetzt sein ist unten
Der Sieger ist in einem Kampf typischerweise oben

Raummetaphern haben eine kohärente Systematik. Wenn beispielsweise „oben“ mit „gut“ konnotiert ist, dann würde aber „Fülle“ nicht mit „Weite“ beschrieben werden, sondern auch mit „Höhe“. Es ist ein Schema, das wir gleichzeitig mit dem Sprechen lernen.

Ebenso wie innerhalb der Raummetaphern eine Kohärenz herrscht, so existiert sie auch dazwischen. Zum Beispiel ist Gut ist oben eine Metapher, die fordert, dass auch Konzepte wie „glücklich“ oder „Wohlwollen“ mit „oben“ beschrieben werden. Wir sehen dies daran, dass wir damit Menschen als „großmütig“ (oben) oder „niederträchtig“ (unten) beschreiben.

Eine Metapher kann unterschiedliche Ursprünge haben, doch das kohärente System bedingt, welche Aspekte für ein Konzept gewählt werden (Gut ist oben anstelle von Gut ist weit). Intellektuelle Konzepte basieren oft auf gesellschaftlichen Konzepten, beziehungsweise deren Orientierungsmetaphern, wie etwa „Hochspannung“ oder „Niederfrequenzbereich“. Wir sprechen in der Mathematik von „hohen Zahlen“, oder „großen“ Zahlen, nicht etwa von „langen“ oder „weiten“. Temperaturen „fallen unter“ Null Grad, obwohl der gelernte Zahlenstrahl gemäß der Leserichtung von links nach rechts verläuft. Wenn wir eine literarisches Werkes beurteilen, nennen wir es ein „großes“ und kein „weitläufiges“ Werk. Theorien, die aufgestellt werden, sind gemäß der Signifikanz nach Größe, also quasi nach aufsteigender Höhe organisiert. Demnach ist Newtons Entdeckung der Graviation „fundamental“, jedoch Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität „darauf aufbauend“. Lakoff beschreibt es mit: „Die Aussagekraft einer wissenschaftlichen Theorie hängt davon ab, wie gut ihre Metaphern dem menschlichen Erfahrungsbereich angemessen sind.“ Die Grundlage einer Metapher als physische Erfahrung lässt sich nur schwer von ihr als kulturelle Erfahrung abgrenzen und ist stark von kultureller Kohärenz abhängig.

Metonymien

Eine Metonymie ist eine Entität, die sich auf eine andere, damit zusammenhängende, Entität bezieht. Manchmal sind diese Alltagsbeispiele ganz banal, wie etwa „Das Schnitzel wartet auf seine Rechnung“ Es steckt eine unterschiedliche Konzeption hinter der Metapher und der Metonymie, nämlich „Die Metapher bietet vor allem die Möglichkeit, einen Sachverhalt im Lichte eines anderen Sachverhalts zu betrachten; ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, einen Sachverhalt verstehbar zu machen. Die Metonymie andererseits hat in erster Linie die Aufgabe, eine Beziehung herzustellen, so daß wir eine Entität benutzen können, damit diese für eine andere Entität steht.“ Bei einer Metonymie wird daher immer ein ganz bestimmtes Merkmal herausgegriffen, um eine Sache darzustellen, wie etwa „gute Köpfe“, wenn es um Intelligenz geht. Niemand würde im entsprechenden Kontext von anderen Körperteilen sprechen.  Wir organisieren unsere Gedanken und Handlungen nach metonymischen Konzepten und konzeptualisieren dadurch eine Sache durch ihre Beziehung zu einer anderen Sache. Einige Beispiele dazu:

Der Teil steht für das Ganze: „Schieb deinen Hintern hierüber!“
Der Erzeuger steht für das Produkt: „Er hat einen Picasso in seiner Wohnung“
Das Objekt steht für den Benutzer: „Die Busse streiken im Moment.“
Der Ort steht für die Institution: „Das Weiße Haus schweigt dazu“

Metonymien finden sich auch in kultur- oder religionsspezifischen Symbolen. Im Christentum gibt es beispielsweise das Symbol der weißen Taube als Sinnbild für den heiligen Geist. Diese Metonymien als Symbole sind hochgradig kulturspezifisch und keinesfalls generalisiert, aber sie helfen manchmal kulturspezifische Metaphern zu verstehen.

Personifikationen

Personifikationen sind an sich ontologische Metaphern, die helfen nicht-personifizierte Entitäten zu begreifen, indem menschliche Motivationen, Merkmale und Tätigkeiten der jeweiligen Erfahrung dieser Entität zugrunde gelegt werden. Beispiele wären etwa:

  • „Die Krankheit hat sie eingeholt.“
  • „Das Leben hat mich betrogen.“
  • „Die Inflation frisst die Gewinne auf.“

In jedem dieser Fälle wird einer abstrakten Sache (Krankheit, Leben, Inflation) eine menschliche Eigenschaft zugeordnet. Im ersten Beispiel verbergen sich die Metaphern Das Leben ist eine Reise und Die Krankheit ist ein Begleiter. Personifikationen sind immer Verlängerungen von ontologischen Metaphern und dienen zur Erklärung von sonst schwer greifbaren Dingen. Wir Menschen können gedanklich besser mit menschlichen Eigenschaften hantieren, als mit abstrakten Bewegunggründen.

2.1.4 Konsistenz und Kohärenz am Beispiel Zeit

Metaphern und auch Metonymien bilden kohärente Systeme. Augenscheinliche Inkohärenzen sind bei näherer Untersuchung gar keine.

Ein scheinbarer Widerspruch ist unser Verständnis von Zeit. Es gibt anscheinend zwei Anschauungen die Zeit zu beschreiben. Entweder liegt sie vor dem Sprechenden oder dahinter.

Die Zukunft liegt vor dem Sprechenden
  • „In den vor uns liegenden Wochen“ (Zukunft)
  • „Das haben wir alles hinter uns“ (Vergangenheit)
Die Zukunft liegt hinter dem Sprechenden
  • „In den folgenden Wochen“ (Zukunft)
  • „In den vorhergehenden Wochen“ (Vergangenheit)

Aufgrund unserer basalen Erfahrung bilden wir Menschen mit nahezu allem, was wir sehen eine vorn-hinten-Organisation. Daraus entstehen Sätze wie „Der Ball liegt vor dem Stein“ um zu  sagen, dass der Ball zwischen dem Sprechenden und dem Stein liegt, etwa als würde der Stein den Sprechenden „anschauen“. 

Es gibt für unsere Organisation von Zeit eine Metapher Die Zeit ist ein bewegliches Objekt womit wir auch der Zeit an sich eine Art vorn-hinten Orientierung verleihen. Dieses Objekt schaut uns aus der Ferne entgegen, während es sich auf uns zu bewegt, weshalb die im Beispiel genannten „folgenden Wochen“ dem beweglichen Objekt Zeit folgen, welches sich auf uns zu bewegt. Wenn man also einer Zeit entgegen schaut, dann bemisst man die gedankliche Distanz vom eigenen Bezugspunkt zur antizipierten Zeit. Da beides in der Zukunft liegt sind die folgenden Wochen (die der Zeit folgen) auch die Wochen, die noch kommen; beides von vorn.

Es gibt allerdings noch eine zweite Metapher, die unser Zeitempfinden organisiert, nämlich Die Zeit steht und wir bewegen uns durch sie hindurch in dieser Variante ist der Sprechende der Bezugspunkt. Redewendungen wie „Wir nähern uns dem Ende des Jahres“ zeigen dies. Nach der oben beschrieben Metapher (Die Zeit ist ein bewegliches Objekt) musste es eigentlich „Das Ende des Jahres nähert sich uns“ heißen, was es aber nicht tut. Beide Metaphern Die Zeit ist ein bewegliches Objekt und die Metapher Die Zeit steht und wir bewegen uns durch sie hindurch sind nicht konsistent, weil sie nicht das gleiche Bild produzieren, da der Bezugspunkt wechselt. Sie sind jedoch kohärent, da sie gewissermaßen zusammenpassen. In jedem Fall vergeht die Zeit von vorn nach hinten, die Zukunft liegt vor uns und die Vergangenheit hinter uns, völlig egal aus welcher Perspektive wir die Zeit betrachten, ergo ist die Metapher kohärent

2.1.5 Wie Metaphern Konzepten neue Bedeutungen geben können

Jede Metapher die verwendet wird hat den Nachteil, dass nur bestimmte Merkmale beleuchtet werden. Es ist jedoch möglich die Wahrnehmung der Realität zu verändern, indem man eine andere Metapher anwendet; quasi die Welt durch eine andere Linse wahrnimmt.

Menschen in der westlichen Welt nutzen die Redewendung „Die Lösung aller Probleme“. Probleme sind demnach Rätsel, welche gelöst werden und dadurch verschwinden. Es wäre aber auch durchaus denkbar, die „Lösung der Probleme“, als ein Gemisch chemischer Lösungen zu verstehen. Darin wären „Probleme“ aufgelöst, ähnlich wie Salz oder Zucker in Wasser. Je nach dem, welche Umwelteinflüsse geschähen (ein neuer Stoff in der Lösung), so fällen einige Stoffe (Probleme) aus und andere lösen sich plötzlich. Das Realitätsverändernde an dieser Metapher ist der Wegfall des inhärenten Zwangs alle Probleme lösen zu müssen, sondern vielmehr die Bedingungen des eigenen Lebens so zu ändern, dass möglichst viele Probleme (Substanzen) möglichst lange (auf-)gelöst bleiben.

2.1.6 Metaphern und Verstehen

Wir haben ständig mit dem Verständnis unserer Umwelt, durch unsere Sprache zu tun. Dadurch, dass wir abstrakte Dinge in Formen von Metaphern verstehen ergibt sich folgende Bedingung:  Man kann eine Metapher nur verstehen, wenn man das Bild versteht, welches sie hervorruft. Wann immer wir kommunizieren haben wir bestimmte Bilder im Kopf. Sobald man einem Menschen beispielsweise von „einem Auto“ erzählt, wird sich das Bild im Kopf des anderen Menschen von dem Bild in eigenen Kopf unterscheiden. Ebenso verhält es sich mit Metaphern, die abstrakte Dinge strukturieren. Um verstanden zu werden, muss die Metapher verstanden werden. Eine fremde Kultur, die beispielsweise nicht unsere Metapher von Zeit ist Geld anwendet wird mit großen Unverständnis reagieren, wenn wir beginnen von „verlorener“ oder „geschenkter“ Zeit zu sprechen. Gleichwohl mag es uns genauso unpassend vorkommen, die Zeit anders zu begreifen als mithilfe von Geld.

2.2 Untersuchung der deutschen Alltagssprache 

2.2.1 Gemeinsamkeiten der englischen und deutschen Sprache

Trotz der Tatsache, dass die hier beschriebene Theorie ursprünglich vornehmlich die englische Sprache untersucht hat, so findet sich doch eine große Überschneidung zum Deutschen. Dies mag zum Teil daran liegen, dass Deutsch und Englisch nah verwandt sind, aber auch daran, dass beides Sprachen der westlichen Welt sind. Konzepte wie Zeit ist Geld oder Arbeit ist eine Substanz (Substanz als Ressource) sind ein Merkmal der Industrienationen. Vor der Zeit der Kolonialisierung mögen diese nicht so weit verbreitet gewesen sein und auch die Tatsache, dass ein Prozess wie die Verwestlichung und Globalisierung der Welt stattfindet, mag damit zutun haben. Aufgrund dieser Tatsachen lassen sich die beschrieben Konzepte problemlos auf die Deutsche Sprache übertragen und die Unterschiede fallen zum Beispiel nur bei wenigen Präpositionen auf. So sagen wir etwa im Deutschen „auf der Lichtung“ und im Englischen „in the clearing“.

2.2.2 Das Dahinter und Davor im Deutschen

Im Gegensatz zur englischen Sprache gibt es im Deutschen eine gewisse Irritation, wenn von „Davor“ und „Dahinter“ gesprochen wird, gerade im Bezug auf Objekte, welche personifiziert werden können, wie etwa Autos. Der folgende Satz aus einer Fahrschul-Situation verdeutlicht dies anschaulich:

„Parken Sie bitte hinter dem einzelnen Auto in die seitliche Parklücke!“

Die Frage ist, welche Parklücke gemeint ist: Position A oder B? Wir werden sehen, dass es sich um ein Missverständnis handelt und beide Möglichkeiten gleich valide sind. Vorab sei gesagt, dass diese Irritation im Deutschen auftritt, doch nicht im englischen. Dort wird Position A mit „behind the car“ beschrieben und Position B mit „around the car“.

Ein Auto hat aufgrund seiner gewohnten Fahrtrichtung eine ständige Vorderseite. Diese ändert sich auch dann nicht, wenn es rückwärts fahrt oder in anderer Ausrichtung zum Betrachter steht. Die Motorhaube ist immer „vorn“, die Seite mit dem Kofferraum stets „hinten“. Dadurch ergibt sich, im Gegensatz zu vielen anderen Objekten, eine ständige Vorderseite.

Im Englischen sind die Ortsbeschreibungen „in front of“ und „behind“ klar umrissen, im Deutschen jedoch nicht. Bei Objekten wie etwa einem Berg weist das beschriebene Objekt eine Vorderseite auf, die den Betrachter gewissermaßen „anschaut“. Daher sagt man „Das Dorf liegt vor dem Berg“, wenn es sich zwischen Betrachter und Berg befindet. In der Sprache der Hausa existiert das gegenteilige Konzept, wo ein beschriebenes Objekt stets die Blickrichtung des Betrachtenden hat. Dort würde man sagen: „Das Dorf liegt hinter dem Berg“, aber auch meinen, dass es sich zwischen Betrachter und Berg befindet.

Dinge in der Natur haben keine Vorderseite, solange wir ihnen keine geben; die meisten Dinge haben nicht einmal eine feste Grenze, solange wir keine anlegen (Beispiel: Gebirge, Hecken, Stadtränder) Es scheint also beinahe Konventionssache zu sein, was „vorn“ und was „hinten“ ist. Wir haben jedoch gesehen, dass diese Konvektion normalerweise innerhalb einer Sprache kohärent ist. (Hausa, Englisch), es jedoch im Deutschen zu Irritationen kommen kann, wenn man keinen Bezugspunkt festlegt.

Ein Auto, wie im Beispiel angegeben, hat klar definierte Grenzen, jedoch ist die Vorderseite nicht willkürlich zuzuordnen, sondern durch die gewohnte Fortbewegungsrichtung des Fahrzeugs vorgegeben. „Hinter dem Auto“, wäre demnach stets hinter dem Kofferraum. Wäre es nicht sinnvoller einfach von „hinter dem Auto“ und „nach dem Auto“ zu sprechen? Mit Sicherheit wäre dies eindeutiger, doch unsere Alltagssprache greift oft nur auf „vor“ und „hinter“ zurück, da dies in den allermeisten Fällen funktioniert, nämlich dann, wenn das beschriebene Objekt eine zugewiesene und keine ständige Vorderseite hat.

2.2.3 Gefühlszustände sind Krankheitssymptome

Lakoff und Johnson haben untersucht, dass Zustände mit Orten kontextualisiert werden. Somit kann man IN einen Zustand hineingehen wie etwa „Tief in Trauer sein“. Welche Umstand bisher nicht untersucht wurde, ist der der körperlichen Symptome. Die Autoren werden dies wohl unter dem Aspekt der „Redewendungen“ außen vor gelassen haben, doch es zeichnet sich eine metaphorische Strukturierung bei der folgenden Metapher ab:

Ein emotionaler Zustand ist sein körperliches Symptom.

Zu der deutschen Sprache gehören Redewendungen und (scheinbare) Konventionen wie:

  • „Das ist mir auf den Magen geschlagen“ (Sorgen)
  • „Ich hatte dabei ein flaues Gefühl im Bauch“ (Zweifel)
  • „Mir hat diese Sache Kopfschmerzen bereitet“ (Überanstrengung, Stress)
  • „Das lastete schwer auf meinen Schultern“ (Emotionale Überbelastung)
  • „Das hat mich echt umgehauen“ (Burn-out, Überanstrengung)

Ebenso wie ontologische und strukturierende metaphorische Konzepte sind auch diese Phrasen in der Sprache verankert. Das Interessante ist, dass jeder dieser Sätze einen Gefühlszustand als eine körperlichen Empfindung beschreibt. Etwa „Mir schlägt das auf den Magen“ für „Ich mache mir Sorgen“. Der Unterschied zur Theorie von Lakoff und Johnson ist die Verwendung der verwendeten Ausdrücke. Es ist nämlich hier nicht der Fall, dass wir ausschließlich die eine, oder ausschließlich die andere Variante nutzen. Wir mischen, wohl ganz unbewusst, beide. Je weniger wir jedoch aufzeigen können, was uns belastet oder schmerzt, desto eher neigen wir zur Erklärung mit einem körperlichen Symptom.

Kohärenz körperlicher Symptome

Die oben beschrieben Körperlichen Symptome, beziehungsweise ihre Wahrnehmung hat ähnliche Ursprünge wie das Entstehen von Orientierungsmetaphern; nämlich in der Wahrnehmung des eigenen Körpers.Der kanadische Mediziner Dr. Gabor Maté beschreibt in seinem Buch „When the body says No“, die Zusammenhänge zwischen dem Gefühl und der Emotion. Beispielsweise bedingt das „Sich Sorgen machen“ im Gehirn die Ausschüttung einer bestimmten Konzentration von Cortisol unter bestimmten Bedingungen, die dann gezielt die Magenschleimhaut schwächen und schädigen kann.Wenn wir also sagen „die Sache schlägt mir auf den Magen“, dann meinen wir eben genau diese körperliche Erfahrung um unsere Sorge damit zu ausdrücken zu können. 

2.2.4 Embodiment von Metaphern

Lakoff und Johnson sollten später, nach ihrer linguistisch motivierten Forschung zu Metaphern zeigen, dass bestimmte Denkmuster für bestimmte Metaphern neurophysiologisch vorhanden sind. Das dafür gebräuchliche englische Wort „Embodiment“, lässt sich mit „Verkörperlichung“ wiedergeben. Sie erklärten den Zusammenhang von beispielsweise „Gut ist oben“ und „Oben ist mehr“, mit der Erfahrung von Vertikalität als Kleinkind. Dieselben Hirnregionen, eine für die Wahrnehmung „Ein Gefäß füllt sich von unten nach oben“ und eine andere für „Die Menge der Flüssigkeit nimmt zu“ würden immer und immer wieder gemeinsam aktiviert, was nach der von Hebb beschrieben Wirkung eine Verbindung hervorrufe (Neurons that fire together, wire together). Die beiden Autoren verfassten später „Philosophy in the Flesh“ um auf genau diesen Aspekt einzugehen. Ein erheblicher Teil unserer Sprache stützt sich auf unsere direkten Körpererfahrungen und hat sich von dort aus weiterentwickelt. Bei näherer Betrachtung scheint fast gar keine andere Möglichkeit zur Entstehung komplexerer Sprache denkbar zu sein, als die Evolution aus primitiven basalen Erfahrungen heraus. Sprache erscheint dann nicht mehr willkürlich, sondern erfahrungsbasiert. Natürlich bleibt die Saussure’sche Distinktion zwischen Signifikat und Signifiant, doch der Ursprung der Erfahrung und der dazugehörigen Metapher, völlig egal in welcher menschlichen Sprache, scheint immer der basalen Erfahrung entsprungen.

3.1 Fazit der Ergebnisse

3.1.1 Konnte die Fragestellung beantwortet werden?

Meiner Meinung nach ist die Fragestellung differenziert und positiv beantwortet worden. Es wurden in der Theorie von Lakoff und Johnson alle denkbaren Fälle von Metaphern, ihren Herkünften und Vorkommnissen untersucht und beschrieben. Nach der Lektüre der Literatur bin ich überzeugt, dass unsere Alltagssprache ohne Metaphern um ein vielfaches schlechter und schwieriger funktionieren würde. Im Vorwort der deutschen Ausgabe spricht Michael Buchholz davon, dass dieses Werk unser Verhältnis zur Sprache so nachhaltig beeinflussen könnten, wie die „Traumdeutung“ Siegmund Freuds die Psychotherapie. Auch wenn ich das für eine rhetorische Übertreibung halte, so denke ich doch, dass das Wissen über Metaphern den Zugang zu Sprache auf ganzheitliche Weise erschließen kann und trotzdem so nah an unserer Alltagserfahrung mit Sprache ist.

3.1.2 Hat sich die These als bestätigt erwiesen?

Die These, dass unsere Alltagssprache vornehmlich von Metaphern konstruiert und strukturiert wird wurde von George Lakoff und Mark Johnson bestätigt. Sie zeigten die unterschiedlichen Fälle von metaphorischer Strukturierung auf und beschrieben darüber hinaus Dinge wie „Erfahrung“ und „Verstehen“ unter Zuhilfenahme der Annahme, dass auch dies von Metaphern abhängig ist. Die Eingangsthese, welche die Frage aufwarf, ob unsere Alltagssprache durch Metaphern strukturiert ist wurde vollständig bestätigt und darüber hinaus auch gezeigt, dass unsere Erfahrung und unser Verständnis der Welt dies ebenso ist.

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